buchkunst
- eine virtuelle Ausstellung ausgewählter Werke von Kai Pfankuch
eine
Einführung anläßlich der Vernissage am 5.9.2001 im Stadtmuseum Hofheim / Taunus
von Dr. Jana Seidemann, Hofheim / Ts.
Kai Pfankuch, 1949 in Berlin geboren, schon seit der
Schulzeit in Hofheim ansässig, hat in Frankfurt studiert, an der
J.W.Goethe-Universität Germanistik sowie Kunst an der Städelschule. Eine erste
intensive künstlerische Schaffensperiode anfang der 1970er Jahre mündet in
erste Einzelaustellungen und Ausstellungsbeteiligungen. Daran schließt sich ein
Jahrzehnt mit nur sporadischer künstlerischer, dafür intensiver literaturwissenschaftlicher Tätigkeit, einschließlich
der Anfertigung seiner Dissertation zu
Walter Benjamin.
Seit 1986 arbeitet er als freischaffender Maler und
Grafiker. Ab 1990 verändert sich dabei seine Darstellungsweise: Die stets
akribische, zunächst aber verhaltenere, von gebremster Spontanität geprägte
Arbeitsweise macht einem freieren, raumgreifenderen Strich Platz. Zusätzlich
findet er neue Ausdrucksmöglichkeiten. Einmal, indem er das klassische
malerische Prinzip des nachträglichen Auftrags der Lichter auf dunklen Grund
durch das drucktechnische Prinzip des geplanten Freistellens der hellen Stellen
ersetzt. Dies erlaubt ihm, die Pigmente
der Aquarellmalerei anders als üblich einzusetzen und durch vielfache,
variierte Schichtungen eine unglaubliche Steigerung der Farbintensitäten mit
hoher Leuchtkraft zu kombinieren. Bevorzugte Farben sind dabei ein breite
Palette von Rottönen, Gelb und last not least sein Ultramarin.
Zum anderen beginnt er sich intensiv mit der Technik der
Lithographie auseinanderzusetzen: Durch das Anlegen zahlreicher Lavuren in Abstufungen gelingt es ihm, einen
besonderen Eindruck von Tiefe und Räumlichkeit zu verstärken.
Seit 1994 integriert er sein literaturwissenschaftliches
Know-How sehr konkret in einen Teil seines künstlerischen Schaffens: Er gründet
die Ikarus-Presse und gibt die selbsterstellten Künstlerbücher in
Kleinstauflagen heraus. Rimbaud, Camus, Kafka, Ionesco und Vian sind die von
ihm bisher gewählten Autoren.
Ganz Literaturwissenschaftler, setzt er sich nicht nur mit
dem Inhalt, sondern auch mit dem Stil der Autoren auseinander. Ganz Künstler,
wählt er dazu nicht das Wort, sondern Elemente der Malerei und Gestaltung. Vor
allem Allegorien, allegorische Bilder, fordern in allen Werken dazu auf, über
den Text hinaus zu denken.
Einige Beispiele mögen den Einfallsreichtum seiner Umsetzung
verdeutlichen:
Der Intention Camus’ folgend, löst sich das Sysiphos
begrenzende Raster mit dem Fortgang des Textes zunehmend auf. Die
Auseinandersetzung folgt dem Text jedoch nicht kritiklos: Dem Satz Camus’
„Jedes Schicksal kann durch Verachtung überwunden werden“ wird besonders
fordernd fragend eine Darstellung gegenübergestellt, welche Assoziationen zu
Arbeits- und Vernichtungslagern weckt.
Die Doppelbödigkeit Kafka’scher Dichtung und der
biographische Bezug wird durch das Hinterlegen mit entsprechenden
Tagebuchauszügen angedeutet.
Die kraftvolle Rhytmik des Beckettschen Schreibstils wird
durch die Art der Gestaltung der Seitennumerierung und buchstabenhafte Figuren
aufgegriffen.
Die ebenfalls ausgestellten Porträts zeigen, dass die
Erstellung der Künstlerbücher Anregungen für das übrige künstlerische Schaffen
geben kann: Hier wird das Thema der Figuren-Zeichen, die sich zu einem Porträt
zusammenfügen, aufgegriffen: Je nach
Auflösungsgrad oder Geschlossenheit des Erzählstils der dargestellten
Autoren liegen die Figurenzeichen weiter oder dichter zusammen, je nach
Charakter und Lebensstil werden anderen Farben zur Darstellung verwendet.
Der Vorteil der künstlerischen Sprache Pfankuchs liegt darin,
dass sie unmittelbar, ohne Übersetzung verstanden werden kann - ein unschätzbarer Vorteil für diese virtuelle
Ausstellung, welche das Verdienst hat, die weniger bekannte Kunstform der
Künstlerbücher im Allgemeinen und einen Ausschnitt des Werks Kai Pfankuchs
im Speziellen im Internet für ein weltweites Publikum zugänglich zu machen.